Vorsicht, Falle! Oder: Profitmaximierung auf Kosten des Kunden.

Seit einiger Zeit zeichnet sich bei Zielfernrohren ein klarer Trend ab: Immer mehr Modelle werden mit einem Absehen in der ersten Bildebene (First Focal Plane, FFP) angeboten – ein Trend, der einmal mehr fraglos aus den USA übernommen wird.
Im Gegensatz dazu steht das Absehen in der zweiten Bildebene (Second Focal Plane, SFP), das sich bei variabler Vergrößerung nicht mitvergrößert und daher in vielen Situationen klarer erkennbar bleibt. –––>

Die Schwächen von FFP-Absehen beim sportlichen Schießen
Bei Zielfernrohren mit Absehen in der ersten Bildebene verändert sich die Größe des Absehens immer proportional zur gewählten Vergrößerung. Das führt zu zwei Problemen:
· Bei kleiner Vergrößerung wird das Absehen oft zu fein und ist kaum sichtbar.
· Bei hoher Vergrößerung verdeckt es Teile des Ziels – besonders bei komplexen, überladenen Absehen mit vielen Linien und Markierungen.
Dieser Effekt wird beim sportlichen Einsatz – z. B. auf einem Long Range Benchrest Gewehr – schnell zum Nachteil und behindert präzise Zielaufnahme durch teilweises verdecken des Haltepunkts.

Der einzige sinnvolle Einsatzzweck für FFP-Zielfernrohre
Zielfernrohre mit Absehen in der ersten Bildebene wurden für den militärischen Einsatz konzipiert. Hier erlaubt der FFP-Aufbau dem Schützen, anhand einer bekannten Zielgröße (z. B. Körpergröße) und der Markierungen im Absehen die Entfernung abzuschätzen und den Haltepunkt zu berechnen.
Für diese Zwecke wurden MilDot-Absehen und ähnliche Konstruktionen entwickelt – dem ausgebildeten Schützen und seinem Beobachter nützlich im Gefecht, aber überflüssig und oftmals hinderlich im sportlichen oder jagdlichen Bereich.

Für Sportschützen und Jäger: Finger weg von FFP!

Sportschützen,
die auf festgelegte Distanzen schießen, brauchen keine komplexen militärischen Absehen. Ganz im Gegenteil – sie erschweren das präzise Arbeiten und verdecken wichtige Teile des Zielbilds.

Ein klarer Punkt, ein einfaches Fadenkreuz mit feinem Dot – mehr braucht ein gutes Zielfernrohr fürs Präzisionsschießen meiner Erfahrung nach nicht.
Das Gleiche gilt für die Jagd. Auch auf einem hochwertigen Jagdgewehr oder einer Pirschbüchse ist ein schlichtes, übersichtliches Absehen in der zweiten Bildebene in den allermeisten Fällen klar die bessere Wahl.

Warum wird FFP trotzdem so aggressiv vermarktet?
Unter Fachleuten ist bekannt:
Zielfernrohre mit Absehen in der ersten Bildebene sind einfacher zu fertigen und toleranzunempfindlicher. Sie sind günstiger in der Herstellung, robuster im Aufbau und verursachen weniger Reklamationen – sprich: Mehr Gewinn für den Hersteller.
Trotzdem werden sie zum Teil sogar teurer verkauft als technisch aufwendigere SFP-Zielfernrohre – ein klarer Nachteil für den Endkunden.

Mein Fazit als Büchsenmacher, Jäger, Sportschütze und ehemaliger Produktmanager für Zieloptiken:
Verwenden Sie für sportlichen und jagdlichen Einsatz ausschließlich Zielfernrohre mit einfach gestalteten Absehen in der zweiten Bildebene.
Nur so schöpfen Sie das Präzisionspotenzial Ihres Gewehres wirklich aus.